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Element of Crime + Isolation Berlin | Dienstag 14/05 2019 19.30h Bielefeld, Lokschuppen
| vvk: 42,50 € abk: 45,00 € |
Seit 33 Jahre spielen sie ihre Songs. Und bringen ihre Platten heraus, genauso wie sie sich das
vorstellen, eine nach der anderen.
Es gibt wenig Vergleichbares, keine andere deutschsprachige Band, die diese eigenartige
Mischung aus Folkrock und Blues, Artrock und Kinderlied, Krachorgie und Schmalzmelodie
in die Welt brächte, ohne auch – wie es scheint – nur einen Moment darüber nachzudenken, ob
das gerade in den Zeitgeist passt oder nicht, ob das für neue oder alte Medien taugt, ob das einer
versteht, ob sie das überhaupt selber verstehen, ob das nun traurig oder lustig, hässlich oder
schön, Tiefsinn oder Spinnerei ist.Auf den ersten Blick sieht alles nach Verweigerung aus:
Sie weigern sich, immer das Gleiche zu machen und sie weigern sich, sich neu zu erfinden. Sie weigern
sich, sich der Streaming- und Youtube-Landschaft anzupassen. Sie geben ihre Musik nicht
für Werbung her. Sie spielen lieber dreimal im Tempodrom als einmal in der Max-Schmeling-
Halle. Sie lassen sich nicht festnageln und so weiter und so fort, man könnte es noch lange
fortführen, aber das kann das Geheimnis ihres Erfolges nicht sein, das sind alles nur Dinge, die
nicht getan werden, aber geliebt wird man nur für das, was man tut, nicht für das, was man lässt. Und so entsteht ein anderes Bild dieser Band:
Einer Band, die einen so unverwechselbaren Stil in Sachen Song, Sound und Haltung hat,
dass man nur zwei Möglichkeiten hat: Man kann das mögen oder eben auch nicht. Nie sind
ELEMENT OF CRIME nur „irgendwie interessant“ oder „auch ganz okay“.
Und da wären wir bei „Schafe, Monster und Mäuse“.
Ist das ein Verweis auf das Vorgängerwerk „Lieblingsfarben und Tiere“? Wohl kaum. Ein
Monster ist kein Tier und eine Maus ist keine Farbe. Es ist aber sicher auch keine zufällige
Wahl. Es ist der Titel eines Songs auf dem Album, der von Träumen erzählt, der Welt „hinter
geschlossenen Lidern“, in der eigene, andere Gesetze gelten, diktiert vom Unterbewusstsein,
kontrolliert und durchkreuzt vom Über-Ich. Das ist auch eine gute Metapher für das poetische
Prinzip bei Element of Crime: Die musikalische und textliche Arbeit mit Assoziationen,
unterbewussten, improvisierten Elementen, das wie zufällige Ineinanderstürzen der Stilmittel, das Arbeiten mit und das Durchbrechen von bekannten Mustern, das Kaleidoskop der Klangfarben,
Melodien, improvisierten Kakophonien, das ganze psychedelische Instrumentarium,
mit dem diese Band seit so langer Zeit ohne mit der Wimper zu zucken hantiert. „Schafe, Monster und Mäuse“: Da gibt es Soulballaden wie „Am ersten Sonntag nach dem
Weltuntergang“, Chansons wie „Bevor ich dich traf“, Folksongs wie „Die Party am Schlesischen
Tor“, Pubrockkracher wie „Ein Brot und eine Tüte“, Desert-Rock-Aufschneidereien wie
„Stein, Schere, Papier“ und vieles mehr. Und dann ist wieder alles anders, wenn bei „Am ersten
Sonntag“ Jakob Iljas artrockige Kaputtgitarre in den Soloteil sägt, wenn bei „Bevor ich dich traf“
die wienerischen Geigen in die letzte Strophe einfräsen, wenn bei „Die Party am Schlesischen
Tor“ eine psychedelisch krachende Blaskapelle durchs Bild wankt, ständig Dinge passieren, auf
die man nicht gefasst sein kann, Richard Pappik die Tempi verschleppt und beschleunigt, wie
es gerade sein muss, mit Rhythmen und Klangfarben jongliert und überhaupt sein schmutziges
Spiel mit einer Rockmusik spielt, die auf dieser Platte immer wieder neu definiert wird und
Sven Regeners knarzige Stimme dazu Poesie verteilt, als werfe er Fleischfetzen auf einen Grill
aus alten Ölfässern. Musik und Text, da taumeln sie zusammen in die aufgehende Sonne und stützen sich gegenseitig
wie zwei erschöpfte Partygänger nach einer langen Nacht am Schlesischen Tor.
Zerzauste Vögel, die von ihren Familien unterstützt werden, der Hendl-Jahn, eine Gratiszigarre
beim Kauf eines neues Lebens, wo Stürme, Blitze und Donner nicht Wetter, sondern ein Arsenal
gegen gute Laune sind, die Frau vom Supermarkt, Black Friday beim Sterni im Späti... wer bitte
bringt sowas in so wunderbar klingenden Texten unter? „Schafe, Monster und Mäuse“ ist ein langes, ultrapsychedelisches Album geworden, das längste
in der Geschichte der Band. Es ist, als wollten ELEMENT OF CRIME das Albumformat, für
das diese Band von Anfang an wie keine zweite geschaffen war, bis auf das Äußerste ausreizen,
vielleicht ein letztes Mal, man weiß nicht, wie es weitergehen wird damit, die Welt verändert
sich. Aber, und das ist das Entscheidende: Die Lieder bleiben.
Charlotte Goltermann (Berlin, 2018)
Support: Isolation Berlin
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