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Zurück Zuhause Festival 2016 | 16/12 bis 17/12 2016 Bielefeld, Ringlokschuppen
| vvk: ab 35,00 € abk: 40,00 € |
Es spielen: Yung Hurn - Voodoo Jürgens - Swain - SSIO - Roosevelt - Drangsal - Casper - Audio88 & Yassin -
Es ist wieder soweit! - Casper kommt heim nach Bielefeld zum "Zurück Zuhause Festival", das mittlerweile in die fünfte Runde geht!
Casper: „Ich freue mich jedes Jahr sehr auf dieses kleine aber feine Fest, weil es nicht nur eine Möglichkeit ist, Bands und Acts einzuladen, die man selber mag, sondern auch so etwas wie unsere inoffizielle kleine Jahresabschlussfeier mit Musik und Freunde, die wir mögen."
Über zwei Tage geht das frisch zusammengestellte Programm, das am 16. und 17. Dezember im Ringlokschuppen stattfinden wird. Am Freitag werden Roosevelt, Yung Hurn, Voodoo Jürgens und Swain den Ringlokschuppen beehren, am Samstag wird dann Casper selbst auftreten, wobei das erweiterte Festival-Lineup ebenfalls einen sehr guten Klang hat: SSIO, Drangsal, Audio88 & Yassin sind die Acts, die wir vorher begrüßen dürfen.
ACHTUNG: Tickets gibt es ab dem kommenden Freitag (11. November) um 10:00 Uhr exklusiv unter www.krasserstoff.com. Es gibt Festivaltickets für beide Tage, für den Samstag gibt es auch Tagestickets.
Das Programm im Überblick:
16.12.2016
Roosevelt
Yung Hurn
Voodoo Jürgens
Swain
17.12.2016
Casper
SSIO
Drangsal
Audio88 & Yassin
Tickets gibt es ab Freitag, 11.11.2016 - 10:00 Uhr exklusiv auf www.krasserstoff.com
Festivalticket - gültig für beide Tage Preis: 50€ + Gebühren
Tagesticket Samstag Preis: 35€ + Gebühren
Es waren eineinhalb nicht so normale Jahre für Audio88 & Yassin, die einstigen Mustermisanthropen des mürrischen Rap-Untergrunds. Ihr drittes Album "Normaler Samt" ließ sie im März 2015 plötzlich Chartsluft schnuppern, wurde von Fans, Szenepresse und Feuilleton bejubelt und eroberte einschlägige Jahresbestenlisten. Mit ihrem DJ Breaque spielten Audio88 & Yassin zwei Headliner-Touren, zahlreiche Festival-Shows und begleiteten K.I.Z. auf einer weitgehend ausverkauften Hallentour vor zehntausenden Besuchern. Die letzten eineinhalb Jahre waren für Audio88 & Yassin aber auch eine Zeit der Professionalsierung. Mit "Normaler Samt" wurden Tracks zu Songs, Auftritte zu Liveshows, Skizzen zu Konzepten und Feierabendroutine zu einer konstanten Qualität, die die folgenden Schritte erst ermöglicht. Audio88 & Yassin nehmen vielmehr bewusst neue Möglichkeiten wahr, die sie sich als Songwriter erarbeitet haben und die schon Teile von "Normaler Samt" deutlich vom schroffen Frühwerk "Zwei Herrengedeck, bitte" abheben. Wo steht man auf der Rolltreppe? Wen kümmern Sternzeichen? Kommt man wirklich in die Hölle, wenn man die Tastentöne nicht abgestellt hat? Ernster als Audio88 & Yassin kann man die wichtigen Fragen des Lebens gar nicht nehmen. "Halleluja" ist Haltung, Rückgrat und ehrlicher Humor. Endlich wieder normale Musik.
Lange Zeit war es still um Casper. Nicht ein Lebenszeichen im Jahr2016 via Facebook oder Twitter. Die Kanäle, die der Musiker in der Vergangenheit lebhaft bespielte. Dann flackerte Mitte Juni plötzlich eine Öllampe auf seiner Website casperxo.xom auf. Beobachter und Fans knackten bald das Rätsel: die Lampe sendete den Morsecode "Lang lebe der Tod". Parallel erschien auf der Website langlebedertod.com ein Countdown. Dieser endete zu der Zeit, als Casper seine letzte Zugabe auf dem Kosmonaut Festival am Stausee Rabenstein bei Chemnitz spielte, um im Anschluss daran auf der Bühne zu verkünden, dass am 23. September sein neues Album "Lang lebe der Tod" erscheinen wird. Die Besucher des Festivals wurden zudem Zeuge der Uraufführung des albumtitelgebenden Songs "Lang Lebe Der Tod (featuring Blixa Bargels, Dagobert & Sizarr".
Max Gruber ist Drangsal, wobei Mensch und Kunstfigur so nervös sind, dass sie in ihrer
Unruhe verschmelzen. Max schläft kaum, arbeitet rastlos an seiner Musik, am Tag und in der
Nacht. Er träumt nicht, seine Tage aber sind gesättigt von Fantasien. „Seid lieb zu uns, wir
sind noch Kinder“ erbittet der zu gleichen Teilen zart wie brutal besaitete Mastermind ins
Mikrofon. Das Konzert ist ausverkauft – und die Leute sind nicht nur lieb, sie sind
euphorisch! Obwohl es bisher nur ein paar Demos zu hören gibt. Dieser junge Mensch besitzt
eine Anziehungskraft, soviel ist klar, sein Wesen verspricht Spektakel, sein Auftreten hält es
ein. Harieschaim, das erste Album des 22-jährigen, ist eine dichte Aneinanderreihung von
schnellen, aufgeregten Popsongs – sagen wir: Popwunder? –, keine Atempause, das
Referenzjahrzehnt 80er-Jahre wird erschöpft und durchbrochen.
Harieschaim, heute Herxheim, ist auch ein merkwürdiges Dorf, Max’ Geburtsort
genaugenommen. Nirgendwo in Deutschland hat es so lange Kannibalismus gegeben, im
nahegelegenen Hinterkaifeck wurde 1922 eine ganze Großfamilie ermordet, natürlich
entfernte Verwandte aus Max’ Stammbaum. Doch in Herxheim fing alles an: Sein Vater war
da Gastwirt, nahm Mixtapes für die Kneipe auf, spielte sie seinem Jungen im Auto vor. Das
Kind verfiel so sehr der oft englischen Musik, dass es sich fortan zweisprachig ausdrückte.
Eine popkulturelle Kindheit. Mit 5 Jahren schaute Max mit seinen Eltern MTV, verlor sich in
Marylin Mansons The Dope Show. Von da an wusste er: Ich will auch irgendwie so etwas
werden. Ein Weirdo. Spätestens in der Pubertät stellte er fest, ohnehin einer zu sein. Man
könnte aber auch sagen: ein Charakter! Nun galt es für den jungen Entschlossenen, Formen
für sein diffuses Wesen zu finden. Und das in einem erzkatholischen Dorf bei Landau! Max
ging durch eine harte Schule: „Entweder ich lasse mich in der Pause verkloppen, oder ich
lackiere mir die Fingernägel in einer noch auffälligeren Farbe.“
Diese Schule jedenfalls hat seiner Kunst nicht geschadet, ebenso wenig wie sein
autodidaktischer Lernprozess: „Mit 14 wusste ich dann: wenn ich Musik machen will, muss
ich mir das aneignen.“ Und egal was er getan hat, für Herxheim war es zu krass. Also weg da:
in Landau freundet er sich in ihren Anfangstagen mit Sizarr an, über Mannheim geht es nach
Leipzig und Berlin, immer auf der Suche nach einem Ausdruck. Früh lernt er den späteren
Hitproduzenten Markus Ganter kennen. Der ist da selbst noch ein unbeschriebenes Blatt, aber
Max entscheidet: mit dem werde ich später arbeiten. Ein paar Jahre darauf ruft Ganter ihn an:
Wollen wir jetzt dein Album machen? Max rastet aus. Es geht los. Seit seinen ersten Songs
wird Max dabei von Ganters Erlkönig, Benjamin Griffey alias Casper, protegiert. Max hat ihm viel zu verdanken.
Auch wenn in dieser Biografie manchmal die Rede von Fügung sein könnte, ist sie durchaus
troubled, hat Spuren hinterlassen. Zum Beispiel auf der von Tattoos gezeichneten Haut, die
von Max’ Besessenheit gegenüber exzentrischen Industrial-Protagonisten oder dem
Abseitigen per se erzählt. Hier finden wir eine Seele, die die Dunkelheit kennt! So ist es
durchaus bemerkenswert, wie eingängig, weltgewandt und freundlich die zehn Songs auf
Hariescheim daherkommen. Man könnte gar behaupten, in der Musik des Max Gruber
kreuzten sich gleich mehrere Widersprüche! Und wenn es so viel Abgrund gibt, warum meint
man dann beim Hören, Max wolle die ganze Welt umarmen? „Wenn ich das, was in mir
vorgeht, auf der Straße erzählen würde, hätte ich Probleme – wenn ich aber davon singe,
tanzen die Leute. Und am Ende des Tages will ich den Menschen eben lieber etwas geben,
über das sie sich freuen können, als dass es ihnen schadet. So als ob ich all das Schlechte in
ein Rohr stecke und am anderen Ende kommt etwas heraus, das den Leuten gefällt – das finde
ich einen schönen Gedanken.“ Wie in der Idee des Wolpertingers, nach dem er auch einen
Song benannt hat, funktioniert sein Prinzip: All das, was er sein will und doch nicht bedeuten
kann (weil es das nicht gibt), nimmt er auseinander, setzt es zusammen, formt es zu einem
und wird zu diesem Wesen, das den Widerspruch nicht nur in sich trägt, sondern stolz nach
außen zeigt.
Dann purzelt Max noch ein Satz aus dem Mund, der so ziemlich alles sagt: »Musik ist oft ein
Substitut für Tränen, ich will am Ende aber lieber Lachen als Weinen.« Seine Musik – vom
Jugendzimmer bis auf die großen Bühnen – lädt ein, dabei mitzumachen. Und so findet Max
Gruber zum Leben und seine Musik zur Welt!
–Hendrik Otremba
Der Guardian lobt ihn, Pitchfork liebt ihn, Hypemachine hypt ihn
und die beste Electro Pop Band nach den Pet Shop Boys (Hot
Chip) haben ihn sogar auf ihrem Label Greco-Roman unter
Vertrag genommen. So richtig wusste Roosevelt (im richtigen
Leben Marius Lauber, 25 Jahre alt) nicht, ob er seine Disco
House Tracks, die er eigentlich eher so aus Spaß ins Netz
stellte, wirklich kommerziell rausbringen will. An eine Karriere
dachte er sowieso nicht. Inzwischen haben seine genialen Club
Pop Hymnen wie „Sea“, „Hold On“ und „Night Moves“ über 10
Millionen Plays auf Spotify, Youtube, Soundcloud
etc. zusammengesammelt und Roosevelt hat sich ohne Album
und ohne große Presse und Marketingmaschine als einer der
vielversprechendsten neuen deutschen Acts etabliert. Einer der
wenigen mit internationalem Format ohnehin.„The German producer whose listless disco could be from
Manchester, LA, Ontario, even outer space." The Guardian Am 19. August erscheint endlich das selbstbetitelte Debütalbum
und in großer Pop Tradition ist er auch noch vorne drauf zu
sehen. Wir finden das gehört sich so, das war bei Prince und
Bowie ja auch nicht anders. Dieses erstaunliche Debüt bietet
viele hyperbewegliche sowie vorwärts drängelnde, dabei
paradoxerweise trotzdem tiefenentspannte Popsongs an, die
bei aller Euphorie immer auch ein Hauch von Melancholie
umweht, ohne aber jemals in Wehleidigkeit zu verfallen. Ein
kluges, informiertes Album, das Kraft aus der Vergangenheit
schöpft und auf den Schultern von Giganten den Blick nach
vorne wagt. Ein mitreißendes, elektronisches Popwunder, das
sich von dem Club Sound seiner frühen Tage emanzipiert und
fernab von gängigen Sounds und Trends ein ganz eigenes
Popuniversum geschaffen hat. Über den Zeitraum von zwei
Jahren hat Marius alles selber geschrieben, aufgenommen und
produziert, abgemischt wurde es von Chris Coady (Future
Islands / Beach House / TV On The Radio). Es hat uns erst mal ein wenig sprachlos gemacht, wie ein
einzelner Musiker in so jungen Jahren schon so ungemein
abgeklärt produzieren und so inspiriert arrangieren kann. Wie
kann einer so jung sein und schon so treffend und
geschmackssicher wissen, wann man einen Song am besten
„aufmacht" und wann man ihn besser „zulässt"? „Fever“ zum Beispiel ist so simpel, glasklar und voller
Emotionen und Leidenschaft, das muss man nicht nur können,
das muss man sich erst einmal trauen. Die berühmte große
Geste wirkt ja meistens eher nur bemüht, aber auf diesem
Album stimmt einfach alles.
Es glitzert und glamt auf der richtigen Seite der Siebziger
(Westcoast!) und der Achtziger (England!) und das alles ohne in
Nostalgie zu verfallen denn zusammengehalten wird alles von
hochmodernen Rhythmus-Gerüsten. Es ist tatsächlich auch
aufgebaut wie ein DJ Set, die Jahre als jüngster Resident DJ bei
Kölns einzig guter Techno Party "Total Confusion" haben ihre
Spuren hinterlassen. Dabei feiert Roosevelts rauschender
Disco-Pop ausnahmsweise mal nicht dem neverending Exzess
des Clubs, sondern lässt seiner Bewunderung für klassischen
Pop Eskapismus freien Lauf.
“Merging warm beats, hypnotic psychedelia, and streamlined
pop songwriting, Roosevelt makes dance music that balances
outright escapism with wistful melancholy.” Pitchfork
Marius Lauber will den Pop nicht retten, das wird dieses Album
aber dieses Jahr unweigerlich tun, ob er will oder nicht.
Roosevelt schafft in bester Tradition eine wunderbare 47
Minuten Karenz aus maximaler Wonne mit einer Prise
Schwermut. „Dancing helps relieve the pain, soothes your mind,
makes you happy again,“ meinten schon Chic in ihrem Hit
„Everybody Dance“ und in dieser Maxime hat sich auch
Roosevelt verschrieben und am Ende ist es doch eine
verklausulierte „Coming Of Age“ Geschichte, denn letztendlich
geht es bei allen großen Pop Alben doch immer um viel mehr
als nur die oberflächliche Realitätsflucht.
1, 90 Groß, 100 Kilo und behaart: das ist SSIO. Vier Buchstaben, die für eine Kombination aus unnachahmbarem Flow und intelligentem Straßenhumor stehen wie sie in Deutschland einzigartig ist. Kein zweiter liefert Obszönitäten so charmant ab wie der freundliche Dealer von Nebenan. Kein anderer formuliert seine Sätze so gewählt wie der selbsternannte Rocco Siffredi des Deutschraps. Und niemand sonst macht in einer alten Mercedes E-Klasse eine so gute Figur wie der sexbesessene Saunagänger. Außerdem hat der Mann die Bauchtasche, über die Straße hinaus, wieder salonfähig gemacht, allein dafür gebührt ihm ewiger Respekt.
Auf Zitate aus SSIOs bisherigem Werk wird an dieser Stelle verzichtet, denn: Wenn man einmal damit anfängt, hört man nicht mehr auf. Zu viele dope Lines. Und es geht direkt so weiter, denn am 29. Januar 2016 folgt mit „0,9“ der Nachfolger zum Top-10-Album „BB.U.MM.S.N“. Könnt ihr euch etwas schöneres Vorstellen, als das Jahr mit dem dreibeinigen Kanalreiniger zu beginnen?
Doch SSIO ist nicht nur auf Boom-Bap-Beats in Albumlänge on point, sondern auch live. Beim splash! hatte er vergangenes 2014 die Samoa Stage und das Publikum fest im Griff (https://www.youtube.com/watch?v=kH6NuApwbhw). Wer ein Album produziert, das musikalisch direkt aus den goldenen Neunzigern entsprungen zu sein scheint, braucht sich über tausende Kopfnicker und erhobene Hände nicht wundern.
Das Wichtigste, wenn dir das Leben einen Stock zwischen die Beine wirft: wieder aufstehen, Mittelfinger hoch, weitermachen und die Schürfwunden mit Hochprozentigem desinfizieren. Genau das beherzigt auch das holländische Alternative-Punk-Trio Swain. Nach einem turbulenten Jahr inklusive eines Umzugs nach Berlin und persönlichen Strapazen veröffentlicht die Band im Herbst ihr drittes Album „The Long Dark Blue“, das einen unerwarteten, aber gelungenen Stilwechsel mit sich bringt. Darauf klingen Swain mal bissig, mal nölig, mal nach Hardcore, mal nach Grunge, behalten dabei aber immer eines bei: eine lebensbejahende Jetzt-erst-recht-Attitüde und die Motivation, sich das Leben nach den eigenen Maßstäben zu vergolden.
Dabei hätte es für die Band Grund genug gegeben, ein weitaus schlechtgelaunteres Album als „The Long Dark Blue“ zu schreiben. Denn nach den ersten Achtungserfolgen mit ihrem Debüt „The Verve Crusade“ von 2010 und Touren durch Österreich, Tschechien, die Schweiz, Italien, Frankreich, Portugal und Deutschland im Zuge der Veröffentlichung des Hardcore-Bretts „Howl“ 2013 folgt eine Umbruchsphase für das Trio. Nicht nur, dass sich die Band Ende 2014 von This Routine Is Hell in Swain umbenennt. Sänger und Bassist Noam Cohen, Gitarrist Boy Tillekens und Schlagzeuger Boris Brouwer ziehen 2015 gemeinsam nach Berlin, um ein neues Kapitel aufzuschlagen – was zunächst aber ein Stück weit schief geht. „Als ich nach Berlin gezogen bin, habe ich ungefähr ein Jahr lang nie länger als ein paar Wochen in der selben Wohnung gewohnt und nach der Trennung von meiner Freundin zusätzlich eine ganze Reihe bedeutungsloser Affären“, erklärt Cohen.
„Dadurch hatte ich den zweifelhaften Luxus, keinerlei Verantwortung übernehmen zu müssen.“ Dieses Gefühl verarbeiten Swain im passend betitelten Track „Never Clean My Room“, der einen starken Kontrast zum bisherigen, eher Hardcore-lastigen Sound der Band darstellt. Nicht, dass es der Band deswegen an Feuer fehlt, denn Swain gieren geradezu danach, die Vergangenheit hinter sich zu lassen und mehr Druck auf den Kessel zu bringen als je zuvor. Lediglich die musikalische Herangehensweise hat sich geändert: Die melancholischen Gesangslinien und die aufgebrochenen Gitarrenakkorde erinnern an ruhigere Momente von Nirvana oder aktuellere Songs der Neu-Shoegazer Title Fight, aber unter der Oberfläche brodelt weiterhin ein Mix aus Abenteuerlust, Scheiß-drauf-Attitüde und der rastlosen Suche nach dem nächsten Kick.
Besonders der Einfluss der Grunge-Heroen zieht sich auch durch die restlichen Tracks von „The Long Dark Blue“, für das die Band nicht mehr wie noch auf der letzten Platte mit God-City-Chef und Hardcore-Ikone Kurt Ballou zusammenarbeitet, sondern sich Underground-Produzenten-Legende J. Robbins (War On Women, Paint It Black, Modern Life Is War, Jets To Brazil) ins Boot holt. Robbins‘ Expertise in Sachen 90er-Sound hört man dem brodelnden Mix aus Weezer, Nirvana, dem nihilistischen Garagenpunk von Fidlar und hier und da auch ein wenig schief-schönem Postpunk der Marke Ceremony in jeder Sekunde an. So auch dem wohl schönsten musikalischen Mittelfinger der Platte, „Punk-Rock Messed You Up, Kid“, der wie auch das Album als Seven-Inch-Single auf End Hits Records erscheinen wird. Die Gitarren janglen entlang der stoisch nach vorne polternden Rhythmus-Fraktion, während Cohen all das aufzählt, was den Charakter des Song-Adressaten verdorben haben soll: „High School messed you up, kid/ Parents messed you up/ Drugs messed you up, kid/ Punk-Rock messed you up“ – nur um im grungigen Refrain direkt dagegenzuhalten: „Feel just fine/ With this past of mine/ Punch my guts, grow me a spine“.
Widrigkeiten mit zum Himmel gereckten Fäusten zu begegnen statt sich zu verkriechen – das ist die Maxime von Swain. Cohen zum Track: „Ich habe ungefähr ein Jahrzehnt damit verbracht mir zu sagen, dass alles anders und so viel besser geworden wäre, wenn mein Vater unsere Familie nicht verlassen hätte, wenn ich die richtige Schule besucht hätte, oder ich nie die Leute kennengelernt hätte, die jetzt meine besten Freunde geworden sind, mit denen ich unwissenderweise Punkrock entdeckt habe“, so Cohen. „Die Liste ist endlos – und sinnlos. Anstatt mich davon herunterziehen zu lassen, bin ich nach Berlin gezogen um zu sehen, ob ich mich dann besser fühle. Ehrlich gesagt habe ich mich nicht wirklich verändert, aber durch die Leute, die ich hier kennengelernt habe, komme ich jetzt besser mit meiner Vergangenheit und mir selbst klar.“
Manchmal braucht es eben nur einen Tapetenwechsel, um die Energie zu mobilisieren, sich wieder in den Sattel zu setzen, auf das Brett zu stellen und den Skatepark unsicher zu machen, eben aufzustehen und weiterzumachen. Natürlich können komplette Neuanfänge auch scheitern, aber wer sich mit so viel Hunger und Drive in Richtung neue Ufer aufmacht wie Swain, kann der Möglichkeit des Versagens auch mal locker ins Gesicht lachen und jedem neuen Hindernis mit schiefem Grinsen und billigem Dosenbier zuprosten. „The Long Dark Blue“ ist trotz seiner melancholischer Untertöne eine positive Platte, die persönliche Tiefschläge lediglich als Motivation und Katalysator begreift. Eine musikalische Brandrodung, die neue Herausforderungen nicht fürchtet, sondern feiert. Der Soundtrack zum Wochenendexzess und zu kaputtgeskateten Knien. Und vor allem: ein in Albumform gegossenes Manifest, das den Blick nach vorn mit Böllern und Raketen zelebriert.
Dass sie diese Lebenslust und Energie auch auf der Bühne umsetzen können, werden Swain im September als Support für die letzten John-Coffey-Konzerte und im Oktober mit einer Reihe an Releaseshows beweisen.
„The Long Dark Blue“ erscheint am 9. September auf End Hits Records.
Per Mund-(und bald auch Medien-)Propaganda als „Next Best Thing“-Hype von und in Wien vor etwas mehr als einem Jahr gestartet hat sich Voodoo Jürgens gleich mit seinem nun vorliegenden Debüt-Album von der einengenden, wenn nicht gar tödlichen Umarmung der „Checker“ emanzipiert und ein substanzielles, ein wahrhaftiges und vor allen Dingen ein berührendes Erstlingswerk abgeliefert.
Eines das auch in zehn Jahren noch großartig klingen wird, genauso wie es auch vor zehn, zwanzig, dreißig Jahren schon großartig geklungen hätte. Zeitlos nennt man das dann. Die supercatchy Vorab-Single „Heite grob ma Tote aus“ war gewiss ein verdienter Indie-Hit (sowohl Nummer Eins der fm4- als auch der Austrian Indie Charts), das Album hat aber mehr; mehr Anderes, mehr „sein“ als „schein“, mehr poetischen Tiefgang; es zieht einem von der ersten Geschichte aus dem Fesch an in seinen Bann, baut sich einem lyrischen Malstrom gleich auf, bricht ab, fängt erneut an und lässt einen am Ende überwältigt zurück.
„der Austro-Pop-Hype der Stunde!“ -Musikexpress
„[…] Und sollten die Aufnahmen so gut werden wie die ersten Demos, weiß ich, dass Voodoo Jürgens, ein Wiener Liedermacher mit Schrammelpunk-Vergangenheit, eines der österreichischen Popalben 2016 machen wird.“ – Gerhard Stöger, DATUM
„Ich wünsch mir viele Konzerte von ihm, noch mehr starke Lieder und unbedingt ein Album.“ – Der Nino aus Wien
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