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Snow Patrol


Mittwoch   01/11 2006   20.30 h
Bielefeld, Ringlokschuppen

abk: fällt aus!



Snow Patrol

www.snowpatrol.net
www.snowpatrol.de

„Es gibt Bands, die prahlen gerne, Bands, die sich einem aufzwingen. Und dann gibt es Bands, die einen auf eine ganz andere Art erreichen. Ich glaube, dass es etwas mit dem Wesen der Musiker zu tun hat. Dass es ein Intimitäts-Ding ist. Es fühlt sich dann fast schon so an, als ob man mit ihnen befreundet wäre. Ich glaube, dass wir so eine Band sind.“

So denkt Gary Lightbody, seines Zeichens Sänger und Chef-Songwriter von Snow Patrol. Der Beweis für seine These ist das neue Album seiner Band, „Eyes Open“ – denn es ist eine Ansammlung von Songs geworden, die sämtliche Versprechen des Vorgängers („Final Straw“, 2004) einlöst und sogar übertrifft.

Das Album wurde in einem überaus stürmischen Jahr 2005 aufgenommen. Die Band war nicht nur mit U2 auf deren Europatour unterwegs, sondern trat auch im Rahmen der Live-8-Shows sowohl im Hyde Park als auch in Schottland auf. Und doch haben sie es geschafft, für „Eyes Open“ ihren Kern als Band zu bewahren: schöne und druckvolle Songs, die mit den wohl prägnantesten Texten im Rockbusiness auftrumpfen.

„Die letzten Jahre waren fantastisch. Aber als es dann darum ging, die neue Platte aufzunehmen, mussten wir mal ruhiger werden. Eine Art Klosterleben war angesagt. Schließlich hatten wir unseren Spaß gehabt, unterwegs. Alles, was bis dahin geschehen war, mussten wir verdrängen, denn was bringt es einem, sich auf seinen alten Lorbeeren auszuruhen? Alles ist doch verloren, wenn man nicht nach vorne schaut. Sich darum kümmert, dass der nächste Schritt der richtige ist.“

Also versammelten sich Snow Patrol im Februar 2005 in Dingle an der Westküste Irlands. Ihr Schlagzeuger Jonny Quinn kannte die Gegend, und so überzeugte er den Rest der Band, dass jener Ort, an dem früher schon Kate Bush aufgenommen hatte, ideal sei, um den Geist von Snow Patrol in Albumform zu bringen. Lightbody und ihr Produzent Garret „Jacknife“ Lee kamen an und hatten drei Songs im Gepäck. Alles weitere wurde vor Ort geschrieben, am Rande eines Abgrunds. Lightbody berichtet: „Für mich waren das alles Zeichen. Alles war irgendwie wichtig in den Momenten. Und ja, es stimmt: wir haben auf einer Steilküste gearbeitet. Unter uns klatschte das Wasser gegen die Felsen.“

Snow Patrol haben bereits einmal bewiesen, was in ihnen steckt. Vor ziemlich genau zwei Jahren wurde ihre unvergessene Hymne über Liebe und Verlangen, „Run“, veröffentlicht. Der Song kletterte auf den fünften Platz der britischen Charts und katapultierte auch „Final Straw“ auf Platz drei der Albumcharts. Nachdem sie zu jenem Zeitpunkt bereits zehn Jahre als Band existiert hatten, war es die Kombination von Selbstbewusstsein und harter Arbeit, die sie an die Spitze brachte. „Die Band möchte ich kennen lernen, die in so einer Situation nicht auch zunächst schockiert wäre“, berichtet der Gitarrist Nathan Connolly. „Plötzlich entscheidet die Welt, dass sie dich und deine Band von nun an mag, und auf einmal stehen deine eigenen Helden im Publikum. Michael Stipe war sehr nett zu uns, beim Isle-of-Wight-Festival. Aber wir checken uns konstant selbst durch, ob auch noch alles mit der Band stimmt. Wir wissen ganz genau, wann wir besonders gut sind.“ „Wir kritisieren uns selbst sehr streng, gehen ganz schön hart ins Gericht“, ergänzt Lightbody. „Snow Patrol wäre heute nicht diejenige Band, die wir sind, wäre da nicht dieser kritische Kern, und eine – ohne jetzt wie ein Mönch zu klingen – Wahrhaftigkeit und Ehrlichkeit, die wir an den Tag legen.“

Lightbody und der Schlagzeuger Jonny Quinn stammen ursprünglich aus Belfast und Umgebung; sie lernten sich 1994 an der Universität von Dundee kennen. Drei Jahre später veröffentlichten sie eine EP unter dem Namen Polar Bear auf dem Electric Honey-Label aus Glasgow. Danach wurden sie von Jeepster Records unter Vertrag genommen, nahmen den Namen Snow Patrol an und veröffentlichten zwei weitere Alben: „Music For Polar Bears“ (1998) und „When It’s All Over We Still Have To Clear Up“ aus dem Jahr 2001. Zwei Jahre darauf wechselten sie zu Polydor/Fiction- Records und begannen mit der Arbeit an „Final Straw“, wobei ihnen Garret „Jacknife“ Lee als Produzent zur Seite stand.

„Nachdem wir ihn für uns entdeckt hatten, gab es einfach gar keine andere Wahl mehr. Garret ist fast schon ein Bandmitglied. Er weiß genau, was wir können und er wird uns niemals ins Bett oder zum Bier entlassen, bis wir auch alles aus uns rausgeholt haben.“ Für die Aufnahmen, die zu „Eyes Open“ führten, kehrte Lee zurück. Zunächst setzte er sich mit Lightbody zusammen und ging durch die Demo-Aufnahmen, die sich in zwei Jahren angesammelt hatten. Er ging rigoros und überaus kritisch vor. Der qualitative Sprung im Songwriting der Band war allerdings von Beginn an nicht zu übersehen.

Der druckvolle erste Track des Albums, „Your’re All I Have“ strotzt nur so vor Kraft. Und dann gibt es da den beeindruckenden Auftritt von Vokalgast Martha Wainwright, die sie für den Song „Set The Fire To The Third Bar“ gewinnen konnten. Lightbody komponierte das Stück gegen Ende der Aufnahme-Sessions, und ihm war sofort klar, dass ihre Stimme perfekt für diesen Song passen würde. Zufälligerweise war sie zu jener Zeit gerade in Irland, auf Tour. „Ich glaube nicht wirklich an das Schicksal“, erzählt Lightbody. „Doch wenn dann ein Anruf kommt und einem erzählt wird, dass sie zufällig gerade im Land und bereit für Aufnahmen ist, dann kann man schon für einen Moment an so etwas denken.“

Beachten sollte man auch den Chor aus keltischen Indie-Größen (dabei sind u.a. Eugene Kelly, Charlie Clarke, Jenny Reeve und Iain Archer), der bei vier der Tracks auftaucht, wie auch die Keyboard-Parts von Ken Stringfellow, der zuvor als Tour-Keyboarder von den Posies/Big Star und REM weltweit auf großen Bühnen zu sehen war.

Die an eine Hymne erinnernde Electronica-Einlage des letzten Stücks „Finish Line“ wird sicher auch überraschen, doch den Kern dieses Album findet man im unfassbaren „Chasing Cars“: „Das ist der reinste und offenste Lovesong, den ich je geschrieben habe“, berichtet Lightbody.

Was man auf „Eyes Open“ hören kann ist der Sound einer Band, die alles gibt. Alles aus sich rausholt. Was natürlich kaum überrascht, wo die Truppe doch einen Großteil der vergangenen 30 Monate auf Tour verbracht hat. Dazu kommt, dass sie mit zwei neuen Mitgliedern eine Handvoll neuer Akzente setzen kann. Im Februar 2005 verließ der einstige Bassist Mark McClelland die Band. Der Multiinstrumentalist Paul Wilson, ein langjähriger Freund und ein vorheriges Tour-Mitglied, übernahm seine Position. „Wenn es darum geht, einen Song zu schreiben, fühlt es sich bei Paul manchmal so an, als hätten wir ein zweites Gehirn“, erzählt Lightbody lachend. „Eben denkst du noch `Verdammt, warum schaffen wir das nicht?´, doch Paul schafft es dann. Er hat diesem Album eine besondere Note aufgedrückt.“ Als fünftes Mitglied ist Tom Simpson mit von der Partie. Sein Können am Keyboard und seine Skills als Programmierer hat die Band ebenfalls schon oft für Live- Auftritte bemüht; als festes Mitglied hat nun auch er neue Impulse geliefert, die „Eyes Open“ zu so einem herausragenden Album machen.

„Eyes Open“ ist eine Postkarte von Snow Patrol, die sie direkt am Abgrund geschrieben haben. Es wird schwer sein, im Jahr 2006 an diesen Songs vorbeizukommen.

 
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