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Paul Weller and Band + Diane | Donnerstag 20/10 2005 20.30 h Bielefeld, Ringlokschuppen
| vvk: 29,60 € |
Das Warten hat ein Ende. Drei Jahre nach „Illumination“, ein Jahr nach seinem von der Kritik hochgelobten Cover-Album „Studio 150“ haltet ihr vierzehn brandneue Songs von Paul Weller in euren Händen. Zusammengefasst sind diese unter dem schlichten Titel „As Is Now“. Eine gute Neuigkeit, aber nicht die einzige: Denn mit neuem Feuer, das sich in seiner Kreativpause entfachte und durch die neue Welle britischer Gitarrenbands mit Zündstoff versorgt wurde (nicht wenige der Kids nahmen nur wegen Paul überhaupt erst eine Gitarre in die Hand) hat der Evergreen mit „As Is Now“ einen neuen Meilenstein seiner Karriere geschaffen. Wäre Paul ein Sportler, würde man sagen: Er hat seine Bestform wiedergefunden. Die Verfassung, in der er vor einem Jahrzehnt mit „Wildwood“ und „Stanley Road“ zwei zentrale Werke der Britpop-Ära kreierte.
„Ich hatte länger schon das Gefühl, mal eine Pause vom Songschreiben einlegen zu müssen, wollte aber kein Covers-Album machen, bevor der richtige Zeitpunkt da war“ erklärt Paul. „Als ich ’150’ endlich aufnahm, gab mir das den nötigen Abstand. Den Zeitraum, in dem ich mir um eigene Songs mal keine Gedanken machen musste. Und kurz danach schrieb sich gleich ein ganzer Haufen Songs wie von selbst.“
Bei den Aufnahmen zu „As Is Now“ begann Paul, wie zuletzt immer, mit der Arbeit an Demos in seinem eigenen Studio Black Barn. Nach den enthusiastischen Reaktionen auf seine Tournee im Frühjahr allerdings, die letzlich in einer ganzen Serie von Gigs im Londoner Hammersmith Apollo kulminierte, entschied Paul spontan, den Schwung zu nutzen. Er versammelte die Band unmittelbar nach den Shows wieder im Studio, um die Intensität, die explosive Energie, sofort auf Tonspur einzufangen.
Dabei arbeitete Paul erneut mit dem Team, das schon für den direkten Sound auf „Studio 150“ verantwortlich war: Produzent Jan „Stan“ Kybert und Toningenieur Joeri Saal Wisseloord. In vierzehn arbeitsamen Acht-Stunden-Tage in Oasis’ Wheeler End Studios sollte dann ein beeindruckendes Resultat entstehen. Die Band - wie immer bestehend aus Steve Cradock (Ocean Colour Scene) an der Gitarre, Steve White an den Drums (der seit Style-Council-Zeiten, also über zwanzig Jahren an Pauls Seite trommelt) und Damon Minchella (Ex-Ocean Colour Scene) am Bass – fand zu einer Chemie, wie man sie selten erlebt.
Da wird furios gerockt, wie man es von Paul seit The Jam nicht mehr gehört hat (die erste Single „From The Floorboards Up“). Genauso aber bewegt man sich frei im völlig losgelösten Astro-Folk von „On A Misty Morning“ oder trifft sich zur spätnächtlichen Piano-Wanderung „The Pebble And The Boy“ - ein Titel, der The Style Councils schwer unterschätztes Album „Confessions Of A Pop Group“ in Erinnerung ruft.
Aber das ist längst nicht alles. Schon packt dich der unverfälschte Punk-Powerpop von „Come On / Let’s Go“, schon schmiegt sich die majestätische Ballade „I Wanna Make It Alright“ an dich. Dann röhrt und kreischt das schon fast hendrix’sche Gitarrencrescendo des Opening Tracks „Blink And You’ll Miss It“, um nahtlos ins stampfende „Paper Smile“ über zu gehen, selbst vielleicht wohl die liverpoolsteste aller Melodien, die je abseits des Mersey aufgenommen wurde. Bei „Bring Back The Funk (pt1 & 2)“ letztlich liefern alle Musiker absolute Glanzleistungen ihrer Karriere ab. Unter der Führung eines Songwriters, der gerne zugibt, dass ihn von Debussy über Coltrane zu Parliament bis zu, jawohl, den Small Faces, alles inspirieren kann.
“Die Leute glauben ja, dass ich den ganzen Tag nur die Small Faces höre” grinst Paul. „Stimmt natürlich nicht. Immer nur von zehn bis zwölf. “
Fazit? Zum ersten Mal gelingt Paul Weller ein Album, das alle Facetten seiner Karriere wiederspiegelt. Dabei klingt es nicht nur mühelos und intuitiv, sondern auch und vor allem: verdammt zeitgemäß.
Quasi ein Best-Of, nur mit vierzehn brandneuen Songs.
„Darüber, wie die Songs klingen, haben wir nicht lange nachgedacht. Wir haben sie gespielt und das kam am Ende dabei heraus. In diesem Album steckt viel Liebe. ‚Floorboards’ beispielsweise entspringt einem Gespräch, dass Steve (White) und ich einmal führten: Wenn du live spielst, entsteht die Musik in den besten Nächten nicht von der Band, sondern durch die Energie im Publikum. Das ist die Kraft, die man immer anzuzapfen versucht.“
Schon seine gesamte Karriere war es Pauls musikalisches Credo, ans Limit und darüber hinaus zu gehen. Das begann in den späten Seventies mit dem aufbegehrenden Modpunk von The Jam, für viele immer noch die einflussreichste Band der letzten dreissig Jahre (Muss man die Hits des Trios Paul Weller / Bruce Foxton / Rick Buckler aufzählen? „Going Underground“, „A Town Called Malice“, „In The City“, „That’s Entertainment“...) . Das führte durch die 80s, die Weller mit schniekem Seitenscheitel und dem dazu passenden, brillianten Pop von The Style Council erträglich machte. Denn auch mit Partner Nick Talbot war Paul Stammgast der UK-Top 10, hatte Hits mit Titeln wie „Shout To The Top“, „My Ever Changing Moods“, „You’re The Best Thing“, „Walls Come Tumbling Down“... . Und das ist immer noch so in seiner Solokarriere, die Paul zu Beginn der 90er antrat und in der ihm insbesondere mit den erwähnten Alben „Wildwood“ und „Stanley Road“ zum Höhepunkt des Britpop der Wiederaufstieg in die Topliga der UK-Stars auf Augenhöhe mit den Oasis, Pulp, etc gelang.
Immer blieb Paul der modernistischen Leitlinie treu, der Menge einen Schritt voraus zu sein. Heute wiederum regiert in Britannien eine neue Generation von Bands, die sich durch seine Musik, seine Attitüde und nicht zuletzt seiner Garderobe inspirieren liess. Natürlich muss man hier die Libertines bzw. die Babyshambles nennen, die Ordinary Boys, die Kaiser Chiefs, die Dead 60s und und und.
Klar, dass Weller sich in dieser Ära standesgemäß zurückmelden würde. Allerdings hätten wohl auch nur die kühnsten Optimisten zu hoffen gewagt, dass etwas wie „As Is Now“ entstehen würde. Ein Album, das nicht nur Weller selbst für seine bisher beste Arbeit hält.
Was aber hat es mit dem Titel auf sich?
„Ich war mit meiner Freundin in Rom in einer Ausstellung von britischen Künstlern der Sixties. Dabei fiel mir ein Druck von Eduardo Parlozzi ins Auge, namens ‚As Is When’ (1965). Mir gefiel die Einfachheit. Also habe ich ein wenig mit den Worten gespielt. Für mich bedeutet der Titel, den jetzigen Augenblick zu erleben. Zu geniessen, was vor einem liegt...“
Vor uns liegen zum Geniessen: Vierzehn neue Songs vom besten britischen Songwriter seiner Generation. Dreh’ die Anlage auf! Mr Weller, wir seh’n uns in den Boxen.
"Ich bin ein Happy-End-Mädchen. Ich befasse mich mit sehr komplexen Themen, aber
ich brauche eine positive Quintessenz, die ich daraus ziehe. Ewig unzufrieden zu sein ist
für mich kein Weg."
Mit 15 startete sie ihr Leben in der Musik. Damals gründete DIANE Weigmann mit
drei guten Freundinnen in Berlin die Lemonbabies und sorgte für frischen Wind in der
Popmusik aus Deutschland.
Die Lemonbabies reiften innerhalb von vier Albumveröffentlichungen und ungezählten
Konzerten im In- und Ausland zur professionell und musikalisch anerkannten Band, die
von Anfang an ihre Songs selbst schrieb und ihren bis heute andauernden Respekt durch
Glaubwürdigkeit und Authentizität erlangte.
Heute hat DIANE ihr bisher halbes Leben mit, in und für Musik gelebt und bereut
keinen Tag davon. Ihr erstes Soloalbum kann sie schlicht Diane – das Album nennen,
weil sie weiß was sie tut und weil es sonst nichts zu erklären gibt: „Das Album ist eine
Folge aus dem, was bisher geschehen ist, und seine Entstehung ist für mich so natürlich
wie das Wachsen meiner Haare. Es erzählt Geschichten aus meinem Leben, und es
entstand, weil Musik zu machen für mich eine ganz selbstverständliche Sache ist.“
DIANE im Jahre 2005, das ist eine Frau, die ihre Gegenwart und ihre Möglichkeiten
mit offenen Armen begrüßt. Die auf ihr Leben blickt und vor allem das Schöne daran
sieht: Dass sie in der Lage ist, ihrer größten Leidenschaft – der Musik - nachzugehen.
Dass sie wundervolle Freunde hat, auf deren Unterstützung sie sich voll und ganz
verlassen kann, und zu denen auch immer noch die Lemonbabies gehören. Und dass sie
die Erfahrungen machen konnte, die sie zu der Person gemacht haben, die sie heute ist.
„Ich habe in den letzten Jahren viel gelernt,“ so erklärt DIANE. „Zum Beispiel als
Musikerin auch ohne den Lemonbabies-Verband auf eigenen Beinen zu stehen. Es gab
einen Punkt, an dem mir bewusst wurde, dass es allein an mir liegt, Bewegung in die
Sache zu bekommen.“
Ihr bestes Argument ist ihr Optimismus und DIANEs Angewohnheit, die Dinge positiv
zu sehen. Etwa wie in der ersten Single Das Beste, einem unwiderstehlichen Liebeslied
mit einem wahren Gänsehaut-Refrain und einem Text, der die menschliche Nähe feiert
wie kein zweiter. Gern erzählt DIANE die Entstehungsgeschichte des Songs auch live:
Wie sie in einer dieser Talkshows eine Frau gesehen hat, die erzählte, dass sie es nicht
ertragen würde, am Morgen danach einen Typen bei sich im Bett zu sehen, mit all
seinen Fehlern und Bartstoppeln. Deshalb wäre sie unfähig, in Beziehungen zu leben.
„Da fiel mir auf, dass dieser Frau etwas fehlt, etwas ganz substanzielles. Und ich
dachte: Mir fehlt das nicht. Ich hab das. Wie geil das ist: Ich weiß, dass Zufriedenheit
im eigenen Kopf anfängt!“
Wohl darin liegt DIANEs Schlüssel zum Glück, der auch einer der Schlüssel zu ihren
Liedern ist, die durchweg mit einer eigenen Leichtigkeit daherkommen, ohne im
geringsten oberflächlich zu wirken. Denn DIANE sieht viel, wie jeder, der mit offenen
Augen durch die Welt geht. Und Dinge, die sie erlebt oder die sie im Freundeskreis
beobachtet, gehen nicht spurlos an ihr vorbei.
Diese Einstellung bestimmt ihr Handeln. So rief sie im vergangenem Jahr ihren
Bekannten Jan Plewka an, der mit seiner Band Zinoba auf Tour ging und begeistert von
der Idee war, DIANE als Support mitfahren zu lassen. Diese Aufgabe bestritt sie ganz
allein: DIANE und ihre Gitarre in der Hand. Und auch wenn die Unsicherheit in dieser
Situation denkbar groß war, ihr Publikum wusste es zu danken. „Es ist ja eine ganz
andere Geschichte, ob du mit einer Band, auf der Bühne stehst und die Last auf drei
weitere Schultern verteilen kannst, oder ob du für alles selbst und allein einstehen
musst. Aber die Resonanz der Leute und meiner Freunde war so positiv, dass mir klar
wurde, dass ich das Album JETZT machen muss.“
Statt also wie halb Europa im Sommer 2004 EM-schauend vor dem Fernseher zu
verbringen, ging DIANE in das Freudenhaus-Studio ihres Freundes Patrik Majer und
nahm zusammen mit ihrem Drummer und Produzenten Dog Keßler ihr Solodebüt auf.
Unterstützt wurde sie dabei von ihrer Band und zahlreichen guten Freunden.
Dass DIANE nach den Lemonbabies mit deutschen Texten weiter arbeiten würde,
betrachtet sie ebenfalls als einen harmonischen Prozess, über den sie nicht lange
nachdenken musste. „Ich habe ja schon während der Zeit mit den Lemonbabies viele
Lieder auf deutsch geschrieben und vor allem in den letzten Jahren auch für andere
deutsche Künstler komponiert und getextet.“
Etwa vor drei Jahren legten die Lemonbabies eine Pause mit offenem Ende ein. Die Zeit
nutzte DIANE, indem sie den sogenannten Popkurs, das sechswöchige Kontaktstudium
für Popularmusik in Hamburg, belegte und sich, zurück in Berlin, ein Home-Studio
einrichtete.
So bewegt sich DIANE ganz selbstverständlich in einem organisch gewachsenen
künstlerischen Umfeld: Ob sie mit Acts wie Bosse, Winson, Toni Kater, Teitur oder
ihrem Hero Moneybrother die Bühnen teilt, ob sie für andere Künstler schreibt – etwa
ein wunderschönes Country-Duett für und mit Bela B. - oder Musik für Werbung und
Film oder Fernsehen komponiert (z.B. mit Till Brönner zusammen den Titelsong zum
KiKa-Magazin "Live") – all dies sind für DIANE natürliche kreative Prozesse, die
untrennbar zu ihrem Leben gehören.
Von der Diskussion über den Status deutscher Popmusik zeigt DIANE sich unberührt:
„Die Hypes oder Vorwürfe in bezug auf deutsche Popmusik stammen ja nicht von den
Musikern selbst, sondern meist von den Vermittlern: Medien, Zeitungen, Plattenfirmen.
Es gab schon immer deutschsprachige Musik, und es wird sie auch immer geben. Im
Moment hat man das Gefühl, es gäbe mehr deutschsprachige Bands als früher. Das ist
definitiv nicht so, man hört nur mehr über sie. In den 80ern gab es die NDW, aber
danach gab es auch immer schon einen Jan Plewka, eine Bernadette Hengst, einen
Michel Van Dyke und jetzt gibt es die Helden, Juli und Team Blender. Das alles sind
Menschen, die Songs in der Sprache spielen, mit der sie aufgewachsen sind.“
Mit ihrem Debüt Diane – das Album zeigt eine Songwriterin, wo sie jetzt steht –
künstlerisch und in der Welt: DIANE, die nachdenkliche, die lebensfreudige und
mutige, die sich immer wieder für ihre Sache begeistert. „Ein Freund hat mich mal die
Jeanne D’Arc des Pop genannt, denn ich bin eine leidenschaftliche Verfechterin der
Popmusik. Pop ist in meinen Augen die wunderbarste Art, sich mit mir selbst, dem
Leben, der Liebe und anderen Menschen auseinanderzusetzen. Ich habe die
Möglichkeit, meinen eigenen Beitrag dazu zu leisten, und das ist etwas, wofür ich sehr
dankbar bin.“
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