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Apocalyptica + Angelzoom | Donnerstag 07/04 2005 20.30 h Bielefeld, Ringlokschuppen
| vvk: 25,15 € |
Apocalyptica sind:
Eicca Toppinen
Paavo Lotjonen
Perttu Kivilaakso
In einer Industrie, die Bands sehr gern in Schubladen steckt und dann die Kommode zuknallt, haben Apocalyptica ihr breit gefächertes Repertoire immer wieder erfolgreich verteidigt; nicht nur als internationale Marktführer, sondern auch als eine Band, die sich ihren eigenen Markt geschaffen hat – und die immer wieder beweist, dass Rockmusik nichts mit den Instrumenten zu tun hat, auf denen man sie spielt, sondern mit der attitude, die man hat. Oder mit der man vielleicht geboren ist…
Seit der Veröffentlichung ihres Erstlings (‘Plays Metallica By Four Cellos’, 1996), haben Apocalyptica – allesamt Absolventen der angesehenen Sibelius Akademie in Finnland – einen Stil entwickelt, der nicht einfach zu beschreiben ist …
‘Heavy Cello Chaos’? ‘Rock’n’Holz’?! Die Auswahl der Namensschilder ist groß, aber am Ende bleibt die Tatsache, dass es noch keine Gruppe bestehend aus klassisch ausgebildeten Cellisten (und Metal-Fans) versucht hat, die scheinbar unvereinbaren Welten von Klassik und Hardrock zu fusionieren… von Prokofjew & Pantera… Schostakowitsch & Slayer… den kürzesten Weg zwischen Orchestergraben und Moshpit zu finden, Jackett und Jeansjacke, ohne dabei den Respekt für die jeweiligen Seiten aufs Spiel zu setzen.
Aber Rock’n’Roll ist immer am besten, wenn er Regeln bricht. Der Erfolg des ersten Albums (weltweit ca. 800.000 verkaufte Alben) zeigte, dass die anfänglich als Spielerei gedachte Musik bald sowohl bei Klassik-Liebhabern als auch Heavy Metal Fans einschlug. Eicca Toppinen & Co bestückten ihre altehrwürdigen Instrumente mit Tonabnehmern und Pre-Amps und mit extrastrapazierfähigen Saiten und einer gehörigen Portion Muskelschmalz machten sie genügend Eindruck, um zwei ihrer ‘Plays Metallica…’ Tracks im US Kinofilm ‘Your Friends and Neighbours’ (1998) unterzubringen und auf zahlreichen Konzerten & Festivals in Europa zu spielen.
Drei weitere Studio-Alben und ein paar Besetzungswechsel später stehen (vielmehr sitzen) Apocalyptica mehr denn je im Mittelpunkt des selbsterfundenen Genres. Ein Trio – inzwischen durch Drummer Mikko Siren verstärkt – das weltweit ca. zwei Millionen Alben verkauft und in über 20 Ländern (inklusive Mexiko, Russland und Japan) gespielt hat; das mit der deutschen Punk-Patin Nina Hagen zusammen gearbeitet und diverse Preise abgeräumt hat; das Tracks für andere Künstler (Bush – ‘Letting The Cables Sleep’) geremixt hat; das zwischendurch zweimal mit Metallica aufgetreten ist und es dennoch geschafft hat, ein neues Album aufzunehmen, das im Februar 2005 bei Universal Music Germany erscheint…
DAS ALBUM ‘Apocalyptica’, selbstproduziert und mit 11 neuen Tracks, allesamt Eigenkompositionen, bringt die Cello Rocker aus Helsinki nach zehn Jahren harter Arbeit auf ein ganz neues Erfolgsniveau. Auf früheren Aufnahmen waren die Tracks entweder reine Instrumentalstücke, oder der Gesang wurde erst später hinzugefügt – Sandra Nasic (Guano Apes), Linda Sundblad (Lambretta) und die bereits erwähnte Nina H. standen alle irgendwann am Mikrofon. Beim neuen Material war Eicca aber der Meinung, dass der Gesang – zumindest teilweise – schon beim Komponieren eine zentrale Rolle spielen sollte. Das fünfte Album sollte so vollkommen wie möglich sein. Ein neues Kapitel in der Encyclopaedia Apocalyptica. Auf der ersten Single ‘Bittersweet’ (mit dem Video des finnische Star-Regisseurs Antti Jokinen) liefern sich die zwei Superstars Ville Valo von H.I.M & Lauri Ylönen von The Rasmus ein furioses Duell, während die Musiker wie Fledermäuse von der Decke hängen oder wahlweise im finnischen Sumpf musizieren!
Abgesehen von der engen geographischen Verbindung kommen alle Musiker aus derselben Szene und sind ohnehin seit langem miteinander bekannt oder gut befreundet. Ville hatte schon Mitte der Neunziger live mit Apocalyptica gesungen, und Lauri wäre einmal fast mit ihnen ins Studio gegangen, musste dann aber einen Rückzieher machen. Diesmal nahm er jedoch die Herausforderung an, und als Ville hörte, dass sein “gefiederter Freund“ mit dabei sein würde, war das ‘Bittersweet’- Duett geboren – ein emotional aufgeladenes Stück, das auch als Titellied für das brandneue Videospiel ‘Die Siedler – Das Erbe der Könige’ zu hören ist.
“Als ich die Vocals zum ersten Mal hörte, wusste ich, dass es mit dem richtigen Mix großartig werden würde”, erinnert sich Eicca. “Alle Elemente, die wir brauchten, waren da, und es war erstaunlich, wie gut die beiden Stimmen zusammenpassten. Ich glaube, dass es deswegen nur wenige Duette zwischen Sängern gibt, weil sie sich oft zu ähnlich sind, aber mit Ville & Lauri gab es das Problem nicht – ihre Stimmen ergänzten sich perfekt. Von da an lief es mit den Cellos von ganz allein…”
‘Apocalyptica’ stehen in vielerlei Hinsicht am Ende einer logischen Entwicklung. Auf ‘…Four Cellos’ steckte die Band ihre ganze Energie in die Neubearbeitung von Metallica-Klassikern wie ’Enter Sandman’ & ‘Sad But True’, da sie durch diese wohlbekannten Stücke die Aufmerksamkeit des finnischen Indie-Labels Zen Garden Records erregt hatten. Das Nachfolgewerk ‘Inquisition Symphony’ (1998) hatte ein breiteres Spektrum und coverte Songs von Sepultura, Faith No More & Pantera – gewürzt mit drei Eicca-Kompositionen, mit denen er zum ersten Mal seine eigene Musik aufs Band brachte…
Demzufolge war es auf der nächsten Veröffentlichung ‘Cult’ (2000) natürlich zu erwarten, dass die Band sich immer mehr auf ihre eigenen musikalischen Quellen beziehen würde. Von den 13 Albumtracks, alle von Hiili Hiilesmaa produziert, waren es nur noch drei, die nicht aus Eicca Toppinens Feder kamen: ‘Fight Fire with Fire & ‘Until It Sleeps’ von Metallica und ‘In The Hall Of The Mountain King’, ein Werk des norwegischen Komponisten Edward Grieg – das erste wirklich klassische Stück, das den ‘Apocalyptica’- Stempel trug… Es wurde klar, dass die Jungs nur noch an ihren eigenen Stücken gemessen werden wollten, und mit ‘Reflections’ (2003) gingen sie sogar noch einen Schritt weiter. Sie produzierten das Album nicht nur selbst, sondern schrieben auch alle Songs – mit der Ausnahme von Rammsteins ‘Seemann’ als Coverversion.
Nur das Schlagzeug spielten sie nicht selbst. Dafür bestellten sie lieber ein paar Perkussions-Experten, unter anderen den legendären Dave Lombardo, der normalerweise die Felle bei Slayer drischt! Dass er dabei einen exzellenten Job ablieferte, lässt sich daran erkennen, dass er auch beim neuen Album ‘Apocalyptica’ wieder mit dabei ist. Er schwingt die Stöcke diesmal nur auf einem Stück (‘Betrayal/Forgiveness’), liefert aber dafür wieder eine Meisterleistung.
Ergebnis: das beste Album ihrer Karriere.
DAS HERZSTÜCK eines jeden Apocalyptica Albums ist der reine Klang des Cellos. Hier hat es die Band geschafft, einen höchst authentischen und farbigen Studio-Sound zu erreichen; es half natürlich, dass das Studio (Susi) von Eicca selbst zu eben diesem Zweck gebaut worden war – eine kluge und vernünftige Entscheidung, um die bereits erwähnte Kontrolle zu erlangen…
Logistische Umstände führten aber dazu, dass nicht alle Aufnahmen ‘Chez Toppinen’ gemacht werden konnten. Andere Studios kamen hinzu, so zum Beispiel Finnvox in Finland, Planet Roc in Deutschland und natürlich Toytown in Stockholm, wo die 11 Tracks vom heißbegehrten Toningenieur Stefan Glaumann, der gerade seine Arbeit an Rammsteins monumentaler ‘Reise, Reise’ beendet hatte, abgemischt wurden. Man munkelt, dass er den Jungs für die technische Qualität ihrer Aufnahmen heftig auf die Schulter geklopft habe, und es steht außer Frage, dass der Produktionsstandard durchgehend beeindruckend ist – vom krachenden Eröffnungsstück ‘Life Burns!’ (mit Lauri als Solo-Vokalist) bis zu den eher trauervollen Klängen von ‘Deathzone’, das der musikalischen Reise ein Ende von passender Schwere verleiht…
Eicca:”Klar, es ist natürlich cool, sehr schnelle Heavy Metal Riffs zu spielen, aber auf diesem Album wollten wir wirklich die Qualität des Cellos hervorheben, die besten Töne und Strukturen erschaffen, und das hieß, etwas anders als bisher an die Sache ranzugehen. Auf ‘Reflections’ gab es drei langsamere Songs, und der Rest war ziemlich schnell. Auf dem neuen Album ist die Stimmung eher atmosphärisch… und groove-orientierter. Ich würde auch sagen, der emotionale Sog ist stärker …”
‘Apocalyptica’ ist keine Sammlung von lose zusammenhängenden Tracks, sondern eher eine Reise, die voller Tatendrang beginnt und am Ende in einer bedachten, gedankenvollen und beschwörenden Stimmung endet. Instrumentale Ausflüge wie das stampfende ‘Distraction’ (Eicca) und das ernsthaft aufwühlende ‘Farewell’ (Perttu) fassen einen am Kragen und lassen nicht mehr los. Erwähnenswert ist auch ‘Quutamo’ (Eicca), bei dem nur auf der französischen Version des Albums der Gesang der Chanteuse Manue (Dolly) zu hören ist, und natürlich auch ‘Bittersweet’ selbst – in Deutschland schon auf dem Weg zu einem echten Charterfolg.
‘APOCALYPTICA’ ist zwar immer noch hauptsächlich ein Instrumentalwerk, hat aber genügend Gesang, um das Drama nach Belieben aufzudrehen. Das Album ist eine enorme Leistung für alle, die daran beteiligt waren; nicht nur ein Verschmelzen verschiedener Genres, sondern die Kreation eines stilistischen Heavy-Hybriden, mit dem die Jungs Ende Januar 05 auf Tournee gehen – von Großbritannien, den Cello-Bogen hoch erhoben, über Osteuropa und Westeuropa nach Nord- und Lateinamerika.
Ein neues Projekt, ein bisher unbekannter Name, ein Debütalbum. Doch was sich da gleich im ersten Stück mühelos über wuchtig-düstere Cellisäulen (played by Apocalyptica!) erhebt, ist ein sofort vertrautes Organ:
Angelzoom ist Claudia Uhle ist die Stimme von X-Perience.
Damit steht zunächst einmal fest, dass eine der faszinierendsten Stimmen der deutschen Poplandschaft endlich wieder mit neuem Material vom Tonträger und live zu hören sein wird. Songs wie „Neverending Dream“ oder „Magic Fields“ haben längst den Standard von zeitlosen Klassikern erreicht. Die Berliner Band X-Perience wird es auch weiterhin geben.
Von Anfang an jedoch hat Claudia, die sich selbst eher ruhig und verträumt sieht, mit dem Gedanken gespielt, ihre ganz eigenen Stimmungen einmal selbst in Töne und Texte zu gießen. Es ist nicht zufällig, dass der Name Angelzoom von einem Song entlehnt wurde, der auf dem ersten X-Perience Album schon diesen ruhigen soundtrackartigen Musikstil prägte. Unter diesem Namen ist sie nun erst einmal in den Regalen der Plattenmärkte von X bis zum A vorgeprescht. Vor allem aber hat sie einen Riesen-Schritt auf dem Weg zu sich selbst gemacht. Mit dem Songschreiber- und Produzenten Bernd Wendlandt von Valicon entstanden 15 traumverlorene Songperlen. Er hatte genau das Faible für die Songs, die Claudia suchte.
Songs, die sie als Musik zu einem nichtexistierenden Film sehen, Songs, die wie Bilder oder Stimmungen, wie weit geschwungene Landschaften klingen und über allem Claudia Uhles Gesang: Unergründliche Seelentiefe verbindet sind mit endloser Leichtigkeit. Solche Lieder erschaffen sich in den Kopfkinos der Hörer ihre eigenen Filme, sie sind der sanfte Soundtrack zu sehnsuchtsvollen Tagträumen: „Catch My Daydream“ lockt Angelzoom auf der ersten Singleauskopplung „Fairyland“.
Zugute kommt ihr hier der eigene musikalische Background: Claudia stammt aus einer sehr musikalischen Familie (ihr Bruder spielt Keyboards bei X-Perience und der Vater ist ein anerkannter Trompeter), sang schon als Kind in Chören (z.B. in dem der Berliner Staatsoper), spielt leidenschaftlich gern Orgel und Piano und gibt Gesangsunterricht, auch wenn sie solchen nach wie vor nimmt; „ein gutes Training“ wie sie sagt und eine Möglichkeit, den hohen Anforderungen, die sie an sich selbst stellt, gerecht zu werden.
Der geübte Etikettierer wird sich wohl ein Wortungetüm aus dem Begriffen Ambient, Electro, Classic, Mystic, Dark, Dream und natürlich Pop zusammenlegen müssen.
Vielleicht auch einfach „Heavenly Voices“? Sachlich würde das stimmen und wäre angesichts der klassisch geschulten und tatsächlich einzigartigen Stimme keineswegs übertrieben – aber diese Schublade ist leider schon zu.
In den Arrangements überwiegen Keyboards, Orchestersounds und Streicher, Drumsounds werden weitgehend vermieden. Eingespielt wurden diese Parts vor allem von der Dresdner Letzten Instanz sowie dem Inchtabokatables Cellisten B.Deutung und, wie bereits erwähnt, von den finnischen Endzeit-Streichern Apocalyptica.
Die Wahl des Labels „Nuclear Blast“ dürfte für einige überraschend sein, sind die Donzdorfer doch eigentlich als knallharte Metaller bekannt. In der NB-Family nimmt sich Angelzoom tatsächlich etwas exotisch aus – doch spätestens seit der erfolgreichen Arbeit für Nightwish dürfte das Label sein sensibles Händchen bei der Behandlung von Themen, die sich nicht eindeutig bei Pop, Gothic oder Alternative einordnen lassen, hinreichend unter Beweis gestellt haben.
Mit „Angelzoom“ hat Nuclear Blast ein Album im Repertoire, das in vielen CD-Sammlungen seinen Platz haben wird: die Gothic-Fraktion wird genauso begeistert sein, wie die, die Angelzoom beispielsweise zu Enya oder ihrer Soundtracksammlung stellen.
Es wird jenen gefallen, die dieser hektischen Zeit etwas entgegen setzen wollen.
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