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Bright Eyes + Rilo Kiley | Freitag 25/02 2005 20.30h Bielefeld, Ringlokschuppen
| vvk: ausverkauft! |
In den vergangenen Jahren seit der Veröffentlichung des vierten BRIGHT EYES
Albums Lifted Or The Story Is In The Soil, Keep Your Ear To The Ground hat die
Geschichte rund um CONOR OBERST und seine oftmals wechselnden musikalischen
Weggefährten bei BRIGHT EYES viele unerwartete Wendungen genommen. CONOR
OBERST war zu Gast bei David Letterman und vielen anderen TV-Shows und wurde
im Oktober 2004 von BRUCE SPRINGSTEEN und R.E.M. eingeladen bei ihrer Stadion-
Tour durch die „Swing States“ kurz vor der Präsidentenwahl das Vorprogramm zu
bestreiten.
Diese Auftritte besiegelten endgültig seinen Ruf als kreative Kraft, die imstande ist
die Aufmerksamkeit von zigtausenden Rockfans auf sich zu ziehen – nur mit seiner
Stimme und der akustischen Gitarre.
Die beiden zeitgleich am 24. Januar erscheinenden neuen BRIGHT EYES Alben I´m
Wide Awake, It´s Morning und Digital Ash In A Digital Urn stellen
unmissverständlich unter Beweis, dass der 24-jährige CONOR OBERST zum Stamm
der großen amerikanischen Songwriter zählt. Haben seine bisherigen Arbeiten
schon den Genius durchscheinen lassen, so besitzen die neuen Songs zwar weiterhin
all die scharfen Kanten und tief empfundene Poesie für die BRIGHT EYES gefeiert
werden, doch erreicht OBERST hier ein neues Level an Ausdrucksstärke und
begnadetem Songwriting. Die beiden Alben funktionieren als Tandem und
beleuchten beide Seiten von CONOR OBERSTs neuestem kreativen Output: I’m Wide
Awake... ist eine Country-insprierierte Melange aus Conors besten akustischen
Songs und enthält Gastauftritte von EMMYLOU HARRIS und JIM JAMES (MY MORNING
JACKET) während Digital Ash... das ausproduziertere und band-orientiertere Album
ist. Darauf sind u.a. NICK ZINNER (YEAH YEAH YEAHS), JIMMY TAMBORELLO (DNTEL,
THE POSTAL SERVICE) sowie selbstverständlich eine ganze Reihe von
Musikerkollegen aus den befreundeten Saddle Creek-Bands wie THE GOOD LIFE,
NOW IT’S OVERHEAD, AZURE RAY, THE FAINT u.v.a. zu hören.
Nach zwei an Intensität kaum zu übertreffenden Auftritten diesen November in
Köln und München, können wir uns schon jetzt auf zwei Touren freuen, die das
nächste Jahr nicht mehr ganz so düster erscheinen lassen. Im Februar/März stellt
Conor mit Band das Album I’m Wide Awake… vor, um nur kurz darauf mit
verändertem Line-Up zurückzukehren und sich dem Material auf Digital Ash… zu
widmen. Und machen wir uns doch nichts vor, wieder werden Bright Eyes alle
Erwartungen übertreffen. In der Zwischenzeit lernen wir jede einzelne Zeile
auswendig, summen die Songs mit und sind überrascht, wenn wir wiedermal über
eine Situation stolpern, für die Conor bereits den perfekten Soundtrack geschrieben
hat. Wenn es nicht so komisch wäre, könnte man es mit der Angst zu tun
bekommen.
Jenny Lewis: Vocals, Guitar, Keyboards
Blake Sennett: Electric Guitar
Pierre De Reeder – Bass
Jason Boesel - Drums
Pop as pop goes. Als ehemalige Labelkollegen von The Faint, Bright Eyes und The
Good Life befanden sich RILO KILEY bei Saddle Creek in allerbester Gesellschaft.
Als eine der wenigen Saddle Creek-Bands, die nicht aus Omaha, sondern in diesem Fall
aus Los Angeles stammen, genossen sie darüber hinaus auch noch einen Sonderstatus,
der die Vermutung nahelegt, dass RILO KILEY besondere Qualitäten besitzen. Diese
herauszufinden, ist einfach: More Adventurous einlegen und zuhören.
Zunächst mal ist es natürlich Frontfrau Jenny Lewis, die mit ihrer herrlichen Stimme
zwischen erdiger Verwurzelung und frech-görigem Mädchentum alle Sympathien auf
sich zieht. Dann sind es die feinen und manchmal etwas versteckten Gitarrenlicks und
satten Harmonien, die einen angenehm understateten Eindruck hinterlassen. Und dann
ist es das gesamte Arrangement, das auf More Adventurous noch mit klug gesetzten
und heruntergefahrenen Streichersätzen ausgeschmückt wurde.
More Adventurous ist nach Take Offs & Landings (2001) und The Executuion Of All
Things (2002) das dritte RILO KILEY-Album, das über tolle eingängige Melodien,
einen erfrischend unaufgeregten Sound und so ganz und gar unposige Songs verfügt und
dabei eine ganze Reihe von vermeintlichen Gegensätzen auflöst. Auf eine intime Art
bombastisch, tragisch und triumphierend zugleich und Inkonsequenz zur Tugend
erhebend. Die 11 Songs wirken ungezwungen locker, natürlich und halt einfach so
eingespielt. Eine Wohltat, hinter der sich allerdings auch eine Zeit der Erfahrungen
verbirgt.
So sammelten die 1998 in Kalifornien gegründeten RILO KILEY nach ihrem ersten
Album erstmal reichlich Erfahrungen in den Supportslots für die Breeders, Pedro The
Lion und Superchunk und gingen für The Execution... dann schließlich selbst auf
Headliner-Tour. Als sie wieder zurück waren, standen die einzelnen Mitglieder dann für
diverse Seitenprojekte stramm: Jenny ging mit The Postal Sevice auf Tour, nachdem sie
auf deren gleichnamigem Album einige Gesangsätze übernommen hatte, Drummer
Jason nahm ein paar Songs mit Bright Eyes auf und Blake nahm die Gelegenheit wahr,
für SubPop ein Soloalbum unter dem Namen The Elected aufzunehmen. Kaum mit all
dem fertig, nutzten sie die gemeinsame Zeit, um More Adventurous einzuspielen.
Im Studio trafen sie sich dann mit einigen, in der Szene ziemlich heißen Producern, als
da wären: Mike Mogis, Jimmy Tamborello (Postal Service), Dave Scher (Beachwood
Sparks) und Mark Trombino (Rocket From The Crypt, Jimmy Eat World etc). Nate
Walcott von den Bright Eyes kümmerte sich um die Streichersätze. „Dies ist definitiv
das erste Album, auf dem wir wussten, wie wir im Studio arbeiten müssen,“ erklärt
Blake. „In den Songs passiert sehr viel, und es gibt viele Momente, in denen die
versteckten Details plötzlich an die Oberfläche kommen.“ – So etwa der Salz-„Shaker“,
den Jenny auf It’s A Hit bedient, oder die knarzigen Mittelwellen-Radio-Gimmicks in
Ripchord.
Auf dem Titeltrack More Adventurous erzählt Jenny verschlüsselt vom großen
Abenteuer Band: „...and it’s only doubts that we’re counting on fingers broken long ago
/ I read that with every broken heart we should become more adventurous...“ und hebt
damit auch auf das Abenteuer des dritten Albums More Adventurous ab. Denn die
Leidenschaft zur Unabhängigkeit hat RILO KILEY dahin gebracht, wo sie jetzt sind.
Ironischerweise an einen Punkt, an dem sich ihr Bekanntheitsgrad rasant vergrößert,
und ihre Gigs fast überall in den USA ständig ausverkauft sind. Trotzdem gelten sie als
Vorzeigband der Indie-Idee, aufrichtig und vertrauenwürdig. Man hat einfach das
Gefühl, sie machen die Musik für den, der gerade zuhört.
Schließlich aber wollten RILO KILEY mit ihrem dritten Album auch etwas Neues in
die Sache bringen. Und das bestand äußerlich unübersehbar darin, ein eigenes Label zu
gründen. Brute/Beaute nannten sie ihre eigene Firma, mit der sie - kaum verwunderlich
– schließlich das Glück hatten, einen Majorvertrieb ins Boot zu holen. Diesem Umstand
verdanken wir, diesseits des Ozeans, den Umstand, dass das Album auch auf dem
europäischen Markt eine echte Chance bekommt.
Auf jeden Fall sind Songs wie die erste Single It’s A Hit mit dem griffigen Gitarrenriff,
Does He Love You mit seiner sentimentalen Opulenz im kleinen Rahmen, der lockere
Uptempo-Song der angedachten zweiten Single Portions For Foxes und das lustige
Ripchord oder die Rock’n’Roll-Ballade I Never allemal Glanzleistungen des Indie-Pop
/ Indie-Rock, die eine Menge über eine Band erzählt, der Freude am Spiel wichtiger ist
als Ruhm und Reichtum. Weiterhin sind das programmatische Steel-Guitar-Titelstück
More Adventurous und das hitverdächtige Love And War (11/11/46) wert, ein Ohr
(und ein Herz) geliehen zu bekommen.
In diesen Zeiten, in denen sich Geschichte und Politik auf unangenehme Weise zu
wiederholen drohen, sollte sich die vielleicht die Welt im Allgemeinen ein bißchen die
Bescheidenheit herausnehmen, die RILO KILEY an den Tag legen. Und vor allem
mehr More Adventurous hören!
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