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Sportfreunde Stiller + Miles | Dienstag 11/05 2004 20.00 h Bielefeld, Ringlokschuppen
| vvk: ausverkauf |
BURLI INFO 2004
„Willkommen in einer neuen Zeit. Ein kleiner Schritt für uns, ein großer Schritt für die Menschlichkeit.“
Es gibt Jesus, der von einer Jungfrau geboren wurde. Es gibt Klonwesen, die aus dem Bauch der Wissenschaft zur Welt kommen. Es gibt Spezies in der Fauna, die Hunderte Nachwüchse gleichzeitig hervorbringen. Es gibt oft Kleinigkeiten, die ungewollt aus einem One Night Stand entstehen. Und es gibt jetzt den „Burli“ – den ersten Sprössling der Weltgeschichte, der von Drillingen gezeugt und ausgetragen wurde. Und wie zufällig vereint er beinahe alles oben genannte auf sich:
Der Burli ist nämlich ein göttliches Phänomen, tierisch, aber auch tiefmenschlich, spontan und ungestüm, ausgeschlafen und weise, manchmal unerwartet, dann aber wieder lebenslang erforscht, mit Massenwirkung und Sinn fürs Individuelle. Mit anderen Worten: ein Guter.
Die Sportfreunde Stiller haben wieder einen großen Schluck aus der Freundschaftspulle genommen, ordentlich gespült, dehydriert und gegurgelt und ein Album rausgetan, das wahrhaft mächtig ist und die Legende des „Wunders von Germering“ auf eindrucksvolle Art weiterspinnt.
Länger hat´s dafür gedauert, und wieder ist unglaublich viel passiert im Universum der drei Charmebolzen aus dem Bayernlande. Kurz zusammengefasst die Schlagzeilen der letzten zwei Jahre:
„Um die Stiller-Jungs wird es immer lauter“ - „Top Ten bei den Alben, dennoch Pole Position bei den Fans“ - „Drei Fäuste für einen Echo“ -
„Fußballgemetzel in Mehmet Scholls Wohnzimmer – Popstars schwer verletzt – sind das noch Vorbilder?“
Der Druck von allen Ecken und Enden wurde höher und höher, die Erwartungshaltung auf das, was der Erfolgsgeschichte und den Auswirkungen des letzten Albums „Die gute Seite“ nachfolgen soll, stieg in Regionen, in denen die Peter, Flo und Rüde zunächst mal ein dezentes Rumoren in jener Gegend des Körpers verspürten, die ansonsten eher gerne als Schweinsbratenlager genützt wird.
Der „Burli“ hat laut Schlagzeuger Flo „zunächst gebockt wie ein Esel, wir haben ihm aber dann ein paar Holzscheite nachgeschmissen, dann hat er schon pariert.“ Um es etwas anders zu formulieren: es gab dieses Mal sowohl zahlreiche kreativ-künstlerische Konfliktsituationen, wie auch unterschiedliche Auffassungen über Ausrichtung, Inhalt und Zeitplanung des neuen Albums. Doch Reibung erzeugt bekanntlich Wärme, und so schweißte es die Sportfreunde nur noch enger aneinander. Die daraus folgende Erkenntnis, dass man es nur schaffen könne, wenn man bandintern einer Meinung ist, um nach außen zu bestehen, wird von allen Dreien einmütig als wichtiger Entwicklungsschritt in der Bandgeschichte gesehen, auf den man sehr stolz ist.
Stolz können Peter, Rüde und Flo auch auf das musikalische Ergebnis dieser Beinahe-Katharsis sein, denn was da dem geneigten Körperertüchtigungsanhänger in die Arme fliegt, geht weiter als zum Horizont. Das Härtere ist noch härter als zuletzt, das Balladeske ausufernder und experimenteller im besten Sinne. Zwar hauen die Sportfreunde immer noch da hin, wo sie auch vorher schon hingehaut haben, die Herangehensweise hat sich aber dezent verändert. Ob es die Surfchoräle auf „Ungewöhnlich“ und „Dirk, wie ist die Luft dort oben“, die Metallriffe von „Ich Roque“, der Augenzwinker-Speed-Böller „1. Wahl“ oder die entwaffnende und sich heftig steigernde Piano-Intimität der ersten Single „Siehst Du das genauso?“ sind – alles scheint konsequenter, unverblümter und zu Ende gedachter als jemals zuvor. Dies spiegeln auch die Texte wieder, die von Alltagsgelehrtheit, Bauernschläue, Rückgrat und Klarheit zeugen.
Wie gehabt, nur anders. Sportliche Lyrik, Feierminuten der Liebe und Freundschaft, Energiestöße gegen die soziale Rezession, Solidaritätskundgebungen für das, was im Leben wirklich zählt. Und das alles mehr als gekonnt präsentiert.
Peter: „Wir waren immer schon eine Protestband. Aber mit Spaß.“
Rüde: „Fragen, die ich mir schon ein Leben lang stelle, werden auf dieser Platte beantwortet.“
Flo: „Wenn die deutsche Musikszene eine Baustelle wäre, würden manche Bands mit einer lieblichen Bastelschere arbeiten, andere mit einem Präzisionszirkel. Wir hingegen sind irgendwo weiter daneben mit, na ja, gröberem Werkzeug, wie z.B. einem Vorschlaghammer.“
Die Sportfreunde Stiller sind und bleiben „The People´s Band“. Auch wenn sich ihr Leben etwas geändert hat: Der Schlagzeuger urlaubt in Las Vegas und trifft Tom Jones, der Bassist muß im Winter nicht mehr das Raclette zum Heizen seines Appartements benützen, und der Sänger , na ja, klagt immer mal wieder über den „Writer´s Block“. Aber some things bekanntlich dann doch never change. So wie auch die bewährten Produktionshände von Uwe Don Hoffmann, der dem „Burli“ in seinem Casa Pepe-Studio zwischen Alicante und Valencia ordentlich den Scheitel gezogen hat.
Die Sportfreunde Stiller sind Eltern eines kerngesunden, hyperaktiven Goldburlis geworden – wie kann das noch getoppt werden? „Durch besseres Catering auf Tour und dem Wunsch, dass wir auf unseren Konzerten noch zwei bis drei Leute mehr begrüßen dürfen. Alles andere soll das Schicksal lenken, an das ich wiederum überhaupt nicht glaube.“ (Flo)
Im Namen der Freundschaft, darauf laßt uns anstoßen!
Support: Miles
gibt es eigentlich schon verdammt lang. Erstaunliche zwölf Jahre liegen hinter den Jungs, wobei seit 2001 nun auch ein Mädchen mit im Tourbus sitzt.
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Zeit genug für vier Alben, locker geschätzte 2.847 Stunden auf der Autobahn quer durch Europa, 58 Aufenthalte in diversen Flughäfen, 356 Soundchecks, etwa ebenso viele Konzerte in Clubs, die mal mehr, mal weniger schmutzig waren, 56.785 konsumierte Kalorien dank, jawohl, abwechslungsreichem Catering, 58.664 verbrauchte Kalorien unter zu heißen Scheinwerfern und drei zertretene Brillengestelle. Die kleinen Zankereien um den besseren Platz im Bus, das längere Kabel auf der Bühne, die endgültige Reihenfolge der Songs auf der jeweiligen neuen Platte und wer-mit-wem-im-Hotelzimmer-schlafen-muss sollen ungezählt bleiben. Aber, hey, solche Erfahrungen scheinen enorm zu verbinden. Denn Miles gibt es eigentlich schon verdammt lang. Und vor allem gibt es sie jetzt. Noch immer und weiter.
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