Ferris MC & DJ Stylewarz | Freitag 25/01 2002 21:00 Uhr Bielefeld, Kamp
| vvk: 11 EURO abk: 13 EURO |
Schmunzel Dich tot. Leb Deine kleine miese Comedy und verblöde im Takt der
Lachkonserve. Setz Dir doch die rosa Kontaktlinsen mit Sekundenkleber ein.
Kauf Dir eine Flasche Weichspüler und leer sie auf ex. Jetzt kommt:
FERRIS MC
Prolet. Asozialer. Freak. Fertich MC. Ferris.
"Fertich! Es gibt nur ein wie mich/ Ich bin fertich! Der jedes Gesetz
bricht/ Ich bin fertich! Ich lüg dich an und lach dir ins Gesicht!"
Marylin Mongo. XXL Junkie. Monster. Bleichgesicht. Chauvi-Schwein.
"Fertich! Ich kotz dich an und schlag dir ins Gesicht!"
Es gibt kein bösartiges Schimpfwort, das er nicht benutzen würde - und nur
wenige, mit denen er sich noch nicht geschmückt hätte. Er ist der Stoff,
aus den Soziologen in den 70ern Fallstudien geschnitzt haben: Der vom
Leben authentifizierte Voll-Assi, unterpivilegiert und verhaltensauffällig
, autodestruktiv und suchtgefährdet, kleinkriminell und
schwanzgesteuert,... Damals galten Typen wie er als "ein Opfer der
Gesellschaft". Heute reicht ein Bruchteil, um im Fernsehen Karriere zu
machen.
" FERTICH: DIE AUTHENTISCHE PROBLEMGESCHICHTE / SOBALD ICH ÜBER MICH / &
DAS LEBEN DICHTE / KAPUTTE TYPEN DIE VON GEBURT AN LEIDEN / & IMMER
ANGEBEN MIT IHR´N STRAFANZEIGEN / AUSSER ES ZU ÜBERTREIBEN, TU ICH NIX
SOVIEL ICH MAG / ICH LEB VON EURER KOHLE / ENTWEDER MUSIK ODA DEN
STAAT..."
In bester Tradition hat HipHop Ferris als Machtlosem eine Stimme
geschenkt, um sich Gehör zu verschaffen. So lebt er die berühmte
Achternbusch-Maxime: "Du hast keine Chance, also nutze sie!" Bereits in
frühsten Kindheitstagen wusste er genau, was aus ihm werden sollte, wenn
er erst mal gross und stark oder hässlich und sexistisch sein würde. Als
ihn seine Mutter fragte, antwortete Klein Ferris: Popstar. Ist das nicht
süss?
"Reich werden oder gleich sterben..."
Den Popstar gibt er uns mit einem in Deutschland beispiellosen Charakter
und Timbre - hätte das legendäre HipHop-Rolemodel Ede Wolf ein ähnliches
Organ, wären die drei kleinen Schweinchen längst tot; hätten die
Nihilisten ein ähnliches Charisma, wären Nietzsche und Gott nicht umsonst
gestorben. Ferris überhöht sich zum Über-Bösen, der die Gemeinheiten
rauskotzt weil er dafür bezahlt wird. Und weil er nichts anderes gelernt
hat.
"Mit meiner Ausstrahlung mach ich ne laute Ansage/ selbst wenn ich nichts
zu sagen hab, verlang ich Anwesenheitsgagen".
Und mit seinen nicht abzunehmenden Masken mimt er den ewigen Freak,
Mongo, Asi, Psycho. Im besten Sinne des Wortes dramatisiert hier jemand
sein Leben - und holt dabei das letzte aus sich raus. Der Trick erinnert
an die grossen Komödianten wie Eminem, Leatherface und Woody Allen; mach
einen Witz über dich bevor ihn ein anderer macht, diss dich selbst und
geniess die Sprachlosigkeit deiner Widersacher. Keiner macht das derzeitig
besser als Ferris MC. Laut Sleepwalker aka Slang Daddy, der mit ihm das
Psycho-Drama "Lass Mich Raus" aufnahm, ist Ferris dabei zu "7/8 ein
kaputter Vogel" - das letzte Achtel ist die pure Freakshow. Kurz: Auch auf
dem Nachfolger seines 99er Debüts "Asimetrie" hat Ferris MC der Welt da
draussen nichts erfreuliches mitzuteilen.
"Ich bin immer noch assich/ Ich bin immer noch fertich/ Ich bin immer noch
n Freak/ Langhaarig, bärtich..."
Auf seinem ersten richtigen Album "Fertich" präsentiert sich Ferris MC auf
17 Tracks in selbstzerfleischender Höchstform. Sein wichtigster Trumpf ist
dabei wieder Bonzen-Blutsbruder Tobitob der ihm ein rosiges musikalisches
Bett bereitet, dornig und kinky. Die Kollegen Eißfeldt und Samy Deluxe
stifteten diesmal die einnehmende Hymne "Wie ist mein Name?". Der
legendäre DJ Koze, ehedem Fischmob, prollte sich für Ferris "Hartdumm in
jedem Datum". Mit Afrobs Besuch tritt ein weiteres "Reimmonster" ins Leben
und die Such A Surge-Jungs liefern schliesslich mit ihrem Projekt Pain In
The Ass den perfekten Hintergrund für den Grössenwahn von "Kann uns nicht
passieren".
So zum Ende noch ne Message?
Ferris: "Egal, wie extrem tief ich sinken werde, macht das bitte nicht
nach. Es ist nicht cool, fertig zu sein. Es ist halt mein eigener, mein
persönlicher Lebensspiegel, und nicht, wie so einige meinen,
Entertainment. Ich mein hey, ich bin absolut kein Wegweiser, und auch
überhaupt nicht als solcher geeignet. Ich leide oft, habe oft derbe
Charakterschwächen, aber manchmal genieße ich es zu leiden. Wichtig für
euch alle da draußen ist halt: Zieht euer Ding durch, aber versucht, euren
Lebensunterhalt durch HIPHOP zu verdienen, geht nicht arbeiten, das ist
satt scheisse! Tja, was soll ich sonst sagen? Ich bin halt die Message."
(Lars Brinkmann)
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