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Eins,Zwo | Mittwoch 07/11 2001 20 h Bielefeld, PC 69
| vvk: 22,-- DM abk: 26,-- DM |
Meine Damen und Herren, kommen Sie näher, spielen sie mit,
gewinnen sie mit.
Und staunen sie, wenn Ihnen Yo Mama Schallplatten präsentiert:
Thomas Jensen als DJ Rabauke Daniel Ebel als Dendemann In Zwei
Wie immer, eine Eins,Zwo - Qualitätsproduktion.
Nur die schillerndsten Farben sind für uns gut genug.
Also, Getränke gesichert, Popcorn auf dem Teppichboden verstreut?
Gut so, denn jetzt heisst´s angeschnallt. Du sagst, Fortsetzungen
erreichen nie den ersten Teil. Wir sagen, damit fängt der Spass erst
an. George Lucas, kauf Dir schon mal ´ne Heizdecke. Trilogien sind
für Anfänger.
Nicht nur die Zeit arbeitet für Eins, Zwo. Aber sie arbeiten für Dich.
Damit Du endlich ¯Zwei® bekommst. Wie du in xx:yy Minuten
rausfinden wirst: Vorfreude ist nicht immer die größte Vorfreude. Also,
endlich nach all der Warterei heisst´s jetzt: Vorhang auf für Eins, Zwo.
Deutschland im Jahre des Herrn 2001. Space Odyseen wurden
kurzfristig auf nächste Woche verschoben. Denn HipHop ist hier
gelandet. Mitten unter uns, nicht in einer Galaxie, die weit, weit
entfernt ist. HipHop ist Volkssport. An jeder Straßenecke, in jedem
Wohnzimmer, sowieso auf allen Kanälen und dort wo die Musik spielt
sowieso.
HipHop ist Wortsport. So ähnlich wie Skateboard fahren. Wenn es
läuft, läuft es. Um einen Eimer Pathos auszuschütten: Klar ist da auch
Wettbewerb. Aber nicht wer erster oder zweiter wird, interessiert hier.
Da geht es um Freiheit, um schnelle Richtungswechsel,
atemberaubende Tricks, auf die Fresse fallen, wahnwitzige Details,
hartes Training. Und dann irgendwann, wenn man denkt, es geht
nicht mehr weiter, feuert Dendemann sich mit seinen Assoziationen
höher in den Himmel als Steve Caballero. Aber bleibt dabei
menschlich ganz am Boden. Rabauke zirkelt seine
Turntable-Finessen dazwischen, als wäre nicht gerade sein Sohn,
sondern die Reinkarnation von Tony Hawks geboren. Schon vor dem
Intro ist so klar: Style gewinnt, nicht der Sieger. ¯Zwei® gewinnt.
Wie gut Eins, Zwo sich mit ¯Sport® auskennen, weiss die Welt
spätestens nach der gleichnamigen EP und dem vorangegangenen
Tape. Der Rest ist, wie man so schön sagt Geschichte, das
Debutalbum ¯Gefährliches Halbwissen® Zeuge davon. Genauso wie
die Abertausenden von Menschen, die seitdem nicht nur mit dem
Kopf genickt, sondern auch die Lauscherchen mal wieder aufgesperrt
haben. Um sich von Beats, Raps und Cuts aus dem Hause Eins,Zwo
die Seele von Grund auf reinigen zu lassen.
Zurück zum Thema, zurück zu ¯Zwei®: Als große Sportsmänner sind
Eins,Zwo auch weiterhin über Pfusch und Schwindel aber nicht ihre
eigenen Zweifel erhaben. Die Regeln sind und bleiben klar: ¯Zwei®
anzählen, 1, 2 und los gehts. Mit einem Mikrophon und zwei
Plattenspielern. Das ist so überschaubar wie intim. Doch nur so
entsteht der Platz, den sie doch so gerne mit den Cuts von Kollegen
füllen. Da werden sich Generationen von Kulturtheoretikern noch die
Zähne dran ausbeissen. Denn nur Eins, Zwo schaffen es so
konsequent, das Material anderer Menschen so liebe- und respektvoll
in ihre eigenen Ideenlandschaften zu verpflanzen, daß wirklich
niemand mehr diese xxx Gewächse auseinanderreißen mag.
Gesund gewachsen, sowieso ein prima Stichwort.
Eins,Zwo haben sich ein wenig Zeit gelassen, dabei von den
schwindelerregenden Achterbahnfahrten der Aktie HipHop nicht
beirren lassen. Sie setzen Eigenanbau gegen Marktsituationen. Egal
ob es dabei um die Auswahl der Samples, Produzenten oder Gäste
geht. Und so findet sich auf ¯Zwei® auch nichts und niemand, der
nicht sowieso Dauergast im Sozialleben der Herren Rabauke und
Dendemann ist. Ob ill Will oder Don Dougie an den Reglern oder die
Kumpels aus dem Sauerländischen, Maju und Nico. So läßt sich
prima auf Marktanalysen und Zielgruppen Geschwafel pfeifen. Warum
nicht einfach noch einmal quasi ein Debutalbum aufnehmen? Mit all
der Verspieltheit, Unbefangenheit, Abwechslung und dem Spaß am
ausprobieren? Gerade jetzt, wo sie dank dem eigenen Studio wirklich
mal die Gelegenheit haben, all ihre verwinkelten kleinen Einfälle
wirklich mal in Ruhe in einen geraden Fluß zu kanalisieren? Das man
sich die Etage mit all den anderen netten Kollegen aus der
Hamburger Nachbarschaft teilt, muss dabei ja nicht schaden.
Willkommen also bei Debutalbum Nummer: ¯Zwei®
Doch trotz, vielleicht auch gerade dank aller in der Zwischenzeit
gesammelten Erfahrung wissen sie jetzt: Zu einer Spitzenleistung auf
höchstem Niveau gehört auch Angst. Vor allem, diese zu erkennen,
und sich ihr zu stellen. Und dann, ohne jedweden
Anglizismen-verseuchten Kauderwelsch ran an den Speck, Butter bei
die Fische. Wer die Hosen nur runterlässt, weil er sein großes
Gehänge zur Schau stellen will langweilt, ekelt an, erntet vielleicht
noch ein müdes Lächeln. Wer sich des Schutzpanzers entledigt, um
seine Schwächen offen zur Schau zu stellen, gewinnt die Herzen. Auf
¯Zwei® ist jede Zeile mindestens ein Treffer, jede Strophe eine
Aphorismen-Sammlung die nach einer Renaissance der Poesiealben
an deutschen Schulen schreit. Ab jetzt wird dort nur noch mit breiten
Filzstiften eingetragen. Eins, Zwo: Farb- und sowieso echt. Nicht nur
weil Daniels neue Frisur der von Kim Wieheissternochgleich in Nichts
nachsteht. Du willst die Rosinen aus dem Kuchen? nimm ¯Zwei®
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